Jawad Hosseini DE

Jawad Hosseini

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Jawads Familie ist schon vor seiner Geburt aus der Provinz Ghazni in den Iran geflüchtet. Als Schiiten und Angehörige der Hazara-Volksgruppe litten sie in Afghanistan unter besonderer Unterdrückung und Verfolgung. Während des Bürgerkriegs, der nach dem Abzug der sowjetischen Truppen zwischen den verschiedenen Mujaheddin-Gruppierungen ausgebrochen war, wollte sich Jawads Großvater als Familienoberhaupt keiner der verschiedenen Fraktionen anschließen. So ermordeten unbekannte Attentäter 1995 Jawads damals 2-jährigen Bruder und hinterließen bei dessen Leiche eine Warnung, dass noch mehr Mitglieder der Familie sterben würden, wenn der Großvater seine Neutralität nicht überdenken würde.

EXIL IM IRAN

Daraufhin flüchtete die Familie in den Iran, wo im Jahr 1998 Jawad geboren wurde. Weil der überwiegende Großteil der in den Iran geflüchteten Afghanen dort bestenfalls als Menschen zweiter Klasse gelten und in einem Teufelskreis aus Illegalität, nicht vorhandenen Perspektiven, Ausbeutung und Unterdrückung aufgerieben werden, beschloss die Familie im Herbst/Winter 2015 die Flucht nach Europa zu wagen.

FLUCHT NACH EUROPA

Bei ihrem ersten Versuch wurden Sie an der Grenze zwischen dem Iran und der Türkei abgefangen und nach Afghanistan deportiert. Nach ein paar angsterfüllten Tagen in einem Hotel in Herat ging die Familie zurück in den Iran und wagte von dort aus bald einen zweiten Versuch. Dabei wurden sie – gemeinsam mit einer größeren Gruppe von ein paar hundert Flüchtlingen – ein weiteres Mal von der türkischen Grenzpolizei entdeckt. Als die Truppen begonnen haben Warnschüsse in die Luft abzugeben, lösten sie unter den Flüchtlingen eine Panik aus, in der es Jawad auf die türkische Seite der Grenze schaffte. Dabei wurde er aber von seiner Familie getrennt. Von da an war er alleine unterwegs. Als das Boot mit dem Jawad mit anderen versuchte die Ägäis von der Türkei nach Griechenland zu überqueren in Seenot geriet, gingen all seine Sachen verloren und mit seinem Mobiltelefon auch der Kontakt zu dem Teil der Familie, die im Iran zurückgeblieben war. In der Folge schlug er sich zu Fuß, in Zügen und auf Ladeflächen von LKWs versteckt von Griechenland über die Länder des Westbalkans bis nach Österreich durch, wo er im April 2016 angekommen ist.

IN ÖSTERREICH

Seither versucht Jawad in Österreich Asyl zu bekommen. Er hat nach seiner Ankunft mit einer posttraumatischen Belastungsstörung gekämpft und unter Depressionen gelitten. Wurde in wechselnden Flüchtlingsunterkünften in Niederösterreich und der Steiermark untergebracht. Hat sich trotzdem selbst die Teilnahme Deutschkursen gesichert und seine Sprachkenntnisse mit Hilfe von Internet-Ressourcen und seinen österreichischen Freunden soweit vertieft, dass er die Sprache heute hervorragend beherrscht.
Der Zufall brachte Jawad mit einem Bekannten aus dem Iran zusammen, der ihn wieder mit seiner Familie in Kontakt bringen konnte. So hat er erfahren, dass es seine Eltern zwar nicht nach Europa geschafft haben, aber zumindest wohlauf und wieder im Iran sind. Danach wurde es mit den Depressionen besser. Seither weiß er, dass er noch eine Familie hat, auch wenn diese weit weg ist. Jawad hat eine schulische Übergangsklasse besucht, sich dann in einer Handelsschule inskribiert und dort gute Leistungen erbracht.

BESCHEID: NEGATIV

Das alles konnte aber nicht abwenden, dass er nach einem 15-minütigen Interview bei der Asylbehörde im Mai 2017, im März 2018 einen negativen Asylbescheid bekommen hat. Da kamen die depressiven Verstimmungen wieder. Die Schlaflosigkeit. Die Hoffnungslosigkeit. Die Antriebslosigkeit.
Bis Jawad sich am Schopf gepackt hat. Gegen den Negativbescheid Einspruch erhoben hat. Nach St. Pölten gegangen ist, sich ein Zimmer und eine neue Schule gesucht hat. Heute besucht er eine 3-Jährige Sozialfachschule. Sein wichtigstes Gut hier in Österreich sind ihm seine Freunde. Österreicher, Tschetschenen, verschiedenste Nationalitäten. Mit ihnen spielt er im Verein Fußball. Und hofft dass er in Österreich bleiben und sich hier ein Leben aufbauen kann.

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